Als Berufsbahnpendler macht man schon so einiges mit: volle Züge, weniger Wagen als normal, mangelnde Anzeigen am Bahnsteig und an den Zügen, launische Schaffner und natürlich auch Verspätungen. Und jetzt ist endlich der Herbst bzw. fast schon Winter da! Auf geht’s in eine neue, spassige Bahnfahrrunde.
Meine tägliche Fahrt ist relativ unspektakulär. Hauptumstiegspunkt ist Köln HBF, um dort dann nach Leverkusen-Opladen zu fahren. Der Schwierigkeitsgrad heute: Es gab einen kleinen Wintereinbruch: 4 Stunden vor meiner Abfahrt gab es einen kleinen Graupelschauer. Außerdem stürmt es ein wenig. Ich rechne eigentlich mit keinen Problemen. Und die S-Bahn, die mich zum Köln HBF fährt, kommt auch pünktlich. Hier angekommen verschaffe ich mir schon mal einen vorsichtigen Überblick, denn das es evtl. ein wenig haarig wird, damit habe ich schon gerechnet. Der Blick auf die Anzeigetafel zeigt: es ist viel los, das erste Drittel ist voll mit Verspätungen – zum Teil 150 Minuten. So lange möchte ich auf jeden Fall nicht auf einen Zug warten. Ich suche meinen Zug in der Liste: 16:52, RB48 Richtung Wuppertal – Fällt aus. Na Glückwunsch.
Im „normalen“ Bahnverkehr gäbe es nun die Möglichkeit, auf den RE7 nach Rheine um 17:21 Uhr zu warten. Wohlwissentlich, dass bei den ganzen Verspätungen dieser sicher nicht kommt. Aber was entdecke ich da? Eine S-Bahn. Sie fährt zwar nach Leverkusen-Mitte und von dort müsste ich mit dem Bus weiter, aber lieber so, als anders. Sie soll normal um 16:37 Uhr abfahren – es ist 16:38 Uhr. Bei den unpünktlichkeiten geht doch was, ich gehe also wieder hoch zur S-Bahn. Die gute Nachricht: hier fährt gerade meine S-Bahn ab, mit der ich gekommen bin. Also ist die Bahn nach Leverkusen noch nicht weg. Also ran ans warten. Inzwischen habe ich mich oben an die Gesamtübersicht der Verspätungen gestellt. Für meine 16:37-Uhr-Bahn wird eine Verspätung von 10 Minuten angezeigt. Das lässt sich aushalten. Ich lote aber vorsichtshalber schon mal andere Lösungen aus: Eine andere Bahn nach Leverkusen fährt um 16:51 Uhr von einem anderen Gleis – aber der Zug hat jetzt schon 15 Minuten Verspätung. Also warte ich lieber auf meine S-Bahn. Die kommt aber nicht und noch schöner: sie verschwindet vom Bildschirm. Dafür taucht nun für 16:57 Uhr der Nachfolgezug auf. Der hat aber auch schon 10 Minuten Verspätung. Die Anzahl regulärfahrender Züge ist inzwischen auf 50% geschrumpft.
So wie momentan die Züge gar nicht kommen, denke ich über eine neue Lösung nach. Es ist 17:00 Uhr. Ich liebäugle mit der Buslinie 250. Diese fährt von Köln direkt bis Solingen über Opladen. Ein Blick auf den Busfahrplan vor dem Bahnhof zeigt: die nächste Abfahrt ist um 17:12 Uhr. Der Nachteil: an der Haltestelle stehen jetzt schon 30 Leute, der Bus ist ein normaler Linienbus, das bedeutet: es gibt nur Stehplätze und die Fahrt dauert eine gute Stunde. Für mich nur eine absolute Notlösung. Immerhin ist der Bus schon um 17:06 Uhr da. Er fährt pünktlich.
Zurück am S-Bahn-Gleis. Mein 16:57-Uhr-Zug hat inzwischen 20 Minuten Verspätung. Macht ja nichts, denn dann wäre ja auch schon der nächste, reguläre Zug fällig. So können dann wenigstens die anderen Züge pünktlich fahren. Ich gebe die S-Bahn-Lösung auf und gehe zum Gleich mit dem Regionalexpress. Der Zug solte ja 15 Minuten zu spät kommen. Damit wäre ich jetzt schon wieder zu spät, aber auf die Bahnanzeigen kann man sich ja nur begrenzt verlassen. Hier auf dem Gleis steht nun ein ICE, der auf seine Abfahrt wartet. Im Kopf habe ich mir schon ausgemalt, wie ich mich gleich ins Café setze, ein wenig wärme um dann um 18:12 Uhr unter Einsatz meines Regenschirmes einen Sitzplatz im nächsten Bus Richtung Leverkusen zu ergattern. Es erscheint sinnvoller, als hier noch weiter zu hoffen, dass irgendwann irgendwas kommt.
Der ICE fährt ab, die Anzeige zeigt nun an, dass als nächstest ein ICE aus Basel ankommt. Trauer macht sich breit. Inzwischen ist es 17:15 Uhr. Die Hände sind kalt. Ich würde sogar schon fast akzeptieren, wenn der Zug nur 30 km/h fahren würde, aber Hauptsache, irgendwas bringt mich meinem Ziel ein wenig näher. Das zermürbende an der Situation ist: ich habe mehrere Varianten, wie ich nach Hause komme, aber keine ist zuverlässig und überall könnte gerade eine der Varianten funktionieren. Nur stehe ich an der richtigen Stelle? Vielleicht ist gerade doch noch die S-Bahn gekommen. Nur so schnell komme ich von hier nicht dahin. Oder warte ich lieber direkt auf den nächsten Zug direkt nach Opladen, auch wenn der erst später kommt?
Die Anzeige wechselt wieder. Auf der Abfahrtstafel für den gesamten Bahnhof sind 3/4 Verspätungen und Zugausfälle. An meinem Gleis steht immer noch Basel… Und kaum zu Ende gedacht, schon wechselt es und es erscheint meine verspätete Lösung nach Leverkusen. Ich positioniere mich schon mal am Bahnsteigrand. Andere machen es mir auch schon nach. Beim Einsteigen bin ich jedoch überrascht: hier füllt sich der Zug noch nicht sonderlich. Einen Sitzplatz nehme ich trotzdem nicht. Die Erfahrung zeigt, dass der Zug in Deutz auch gut voll werden kann. Und durch die Massen kämpfen, um dann in Leverkusen an die Tür zu kommen ist mir heute zu lästig. Ich bin froh, wenn ich jetzt wenigstens im warmen stehe.
Ich fahre los! Der Zugführer begrüßt uns lieb und weisst darauf hin, dass der Zug 30 Minuten Verspätung hat. In der Tat, aber er fährt wenigstens und hat damit vielen anderen Zügen an diesem Tag etwas voraus. Die Ansage ist durch, da erreichen wir auch schon Köln Messe / Deutz (Die Ansagen sind immer fast zu lang für die Strecke zwischen dem Hauptbahnhof und Deutz, da dazwischen nur der Rhein liegt. Man merkt das vor allem in der S-Bahn, wo noch 1000 Hinweise kommen, wofür man in Deutz umsteigen kann). Und da kommt er dann auch schon: der Ansturm der Menschen. Ich bin froh um meinen Stehplatz in der Nähe der Tür. Der Zug ist voll. Trotz nachrücken passen nun kaum noch Menschen rein. Aber mit ein wenig quetschen klappt es ja immer. Bin ich froh, dass Winter ist und es im Zug schön warm ist. Endlich haben Viren mal wieder die Möglichkeit alle ein wenig anzustecken.
17:39 Uhr – ich bin begeistert! Ich bin in Leverkusen. Ok, etwas später als geplant und 7 km vom eigentlichen Ziel entfernt, aber die kann man ja schon fast zu Fuss gehen. Ich habe nur 30 Minuten länger gebraucht, um in Leverkusen anzukommen, insgesamt eine Stunde länger, um zu Hause anzukommen. Eigentlich eine ganz gute Zeit. Also könnte ich doch eigentlich froh sein, dass es so gut lief? Bin ich nicht, denn eine Sache wäre echt hilfreicher: S-Bahnen, die nicht kommen sollte man direkt von der Liste streichen. Von den 3 angekündigten S-Bahnen ist keine gekommen. Sicherlich ist bei solchen Ausnahmefällen eine Koordination schwer, aber wenn so viele S-Bahnen ausfallen, dann weiß ich doch vorher, ob ein Zug nachkommt oder nicht, zumal die Züge in Köln-Nippes los fahren, als quasi in der Nähe des Hauptbahnhofes. Wenn kein Zug aus Essen von der Rückfahrt wiederkommt, dann ist auch klar, dass keiner wieder nach Essen fahren kann.
Ich möchte nicht wissen, wieviele Bahnfahrer noch auf eine S-Bahn warten mussten, die nicht kam. Eine direkt so klare Aussage zu Anfang hätte mich meinem Café-Besuch näher gebracht und ich hätte gewusst, wann ich damit rechnen kann, einen Zug zu bekommen, der auch wirklich fährt. So ist das mehr eine Schnitzeljagd. Um aber noch etwas positives zu sagen: die Bahn hat mich gut beschäftigt und ich habe wieder viele nette Mitmenschen kennen gelernt. Die Bahn verbindet eben doch irgendwie..
0 Kommentare